Räumungsanspruch trotz Nachzahlung
Bei Verzug mit den Mietzahlungen hat der Vermieter die Wahl, ob er das Mitverhältnis außerordentlich und fristlos, d.h. ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist oder ordentlich, d.h. unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist kündigt. Der Vermieter kann aber auch fristlos kündigen und die ordentliche Kündigung zusätzlich und hilfsweise erklären. Diese ordentliche Kündigung kann der Mieter – im Gegensatz zur fristlosen Kündigung – nicht durch Nachzahlung der Mieten unwirksam machen, da die für die fristlose Kündigung geltende Schonfrist (§ 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB) nach ständiger Rechtsprechung des BGH nicht für die ordentliche Kündigung gilt.
Diese Rechtsprechung hat der BGH in einem neuen Urteil nochmals bestätigt. Nachdem die Mieten vom Jobcenter vollständig nachgezahlt wurden, hat die beklagte Mieterin eingewendet, dass die Beendigung des Mietverhältnisses für sie angesichts der langen Wohndauer (hier: 30 Jahre) und der damit einhergehenden Verwurzelung, wegen fehlenden Ersatzraumes sowie mit Rücksicht auf die bei beiden Kindern bestehenden Entwicklungsauffälligkeiten eine unzumutbare Härte darstellt. Der BGH ließ dies nicht gelten. Das Recht des Mieters, einer ordentlichen Kündigung zu widersprechen, ist nach § 574 Abs. 1 S. 2 BGB nämlich dann ausgeschlossen, wenn ein Grund vorliegt, der den Vermieter auch zum Ausspruch der fristlosen Kündigung (z.B. bei Zahlungsverzug mit zwei Monatsmieten) berechtigt. Die vollständige Nachzahlung der Mieten innerhalb der Schonfrist führt zwar dazu, dass die fristlose Kündigung unwirksam ist. Die Wirksamkeit der hilfsweise erklärten ordentlichen Kündigung bleibt davon jedoch unberührt. Auch die Möglichkeit des Widerspruchs wegen einer vom Mieter geltend gemachten unzumutbaren Härte lebt auch nicht durch einen vollständigen Ausgleich der Zahlungsrückstände wieder auf. Dabei ist nicht einmal erforderlich, dass der Vermieter die fristlose Kündigung erklärt hat. Vielmehr ist ausreichend, dass dem Vermieter bei Zugang der ordentlichen Kündigung auch ein Recht zur außerordentlichen Kündigung zusteht. Aufgrund einer derart schweren Vertragsstörung ist die Anwendung der Härtefallregelung des § 574 Abs. 1 S. 1 BGB von vornherein ausgeschlossen (BHG v. 1.7.2020, VIII ZR 323/18).
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